Angehörige von straffällig gewordenen Menschen

Allgemeines

 

Freiheitsentzug betrifft selten nur die inhaftierte Person selbst. Vielmehr werden auch Angehörige – insbesondere die Familie – massiv in Mitleidenschaft gezogen. Die Inhaftierung eines Familienmitglieds stellt Angehörige vor besondere Herausforderungen, die das alltägliche Leben stark beeinflussen können. Emotionale Belastungen wie Scham, Trauer oder Wut treffen oft auf soziale Isolation und finanzielle Sorgen. Angehörige werden dadurch zu oft übersehenen Opfern, die dringend Unterstützung und Verständnis benötigen.

 

Es ist essenziell, die unbeabsichtigten, aber gravierenden Auswirkungen des Freiheitsentzugs auf Angehörige ernst zu nehmen und Maßnahmen zu entwickeln, die diese Belastungen auf ein unvermeidbares Minimum reduzieren. Eine stärkere Zusammenarbeit zwischen Justizvollzugsanstalten, Kinder- und Jugendhilfe sowie spezialisierten Beratungsstellen und Vereinen ist hierfür unerlässlich. Obwohl in den letzten Jahren Fortschritte bei Unterstützungsangeboten erzielt wurden, sind diese weiterhin unzureichend und müssen dringend ausgebaut werden.

 

 

Kinder von inhaftierten Personen

 

Besonders betroffen sind Kinder inhaftierter Eltern. In Deutschland leben schätzungsweise 100.000 Kinder mit der Belastung, dass ein Elternteil im Strafvollzug ist. Sie erleben häufig traumatische Situationen, die von sozialer Ausgrenzung bis hin zu schwerwiegenden emotionalen und psychischen Belastungen reichen.

Kinder, die eine sichere und stabile familiäre Bindung benötigen, verlieren durch die Inhaftierung eines Elternteils oft ihren Halt. Viele werden Opfer von Mobbing, ziehen sich sozial zurück oder übernehmen früh Verantwortung, die sie überfordert. Geschwisterkinder fühlen sich häufig verpflichtet, die Familie zu unterstützen, und stellen ihre eigenen Bedürfnisse hintenan. Die psychischen und sozialen Folgen dieser Erfahrungen können langfristig nachwirken und verdeutlichen die Dringlichkeit, spezifische Unterstützungsangebote für Kinder von Inhaftierten weiter auszubauen.

 

Die Auswirkungen des Freiheitsentzugs auf Angehörige und insbesondere auf Kinder sind ein gesellschaftliches Problem, das mehr Aufmerksamkeit und Ressourcen benötigt. Sie brauchen systematische Unterstützung, um die Herausforderungen, die durch die Inhaftierung entstehen, zu bewältigen.

 

Die Justizminister*innenkonferenz (2019) und die Familienminister*innenkonferenz (2023) haben ihre Zuständigkeit einer familienfreundlichen Ausgestaltung des Strafvollzug bekundet und wollen sich für die Stärkung der Recht von Kindern mit inhaftierten Eltern einsetzen.

Netzwerk

Logo des Netzwerks Kinder von Inhaftierten und Verlinkung dahin
Die BAG-S ist Kooperationspartner des Netzwerks Kinder von Inhaftierten.
Logo Children of prisoners europe und Verlinkung dorthin
Die BAG-S ist eine Partnerorganisation von Children of Prisoners Europe.

BAG-S Publikationen

 

BAG-S FA Frauen (2024):


Ergebnisse der Anfrage bei den Landesjustizministerien zu Kenntnissen zum Mutter-Kind-Vollzug im Zeitraum 2017 bis 2022

Der FA Frauen hat im Juli 2024 die aktuellen Daten zum Mutter-Kind-Vollzug in Deutschland veröffentlicht. Diese Veröffentlichung beleuchtet die Herausforderungen und Perspektiven für inhaftierte Mütter und ihre Kinder im deutschen Strafvollzugssystem. Die Daten zeigen dringenden und umfassenden Handlungsbedarf auf.

Zwischen 2017 und 2022 wurden schätzungsweise 250 Kinder im Strafvollzug geboren. Deutschlandweit stehen derzeit 106 Haftplätze für inhaftierte Mütter mit ihren Kindern zur Verfügung, verteilt auf neun Bundesländer. Die rechtlichen Voraussetzungen und Praktiken zur Unterbringung von Mutter-Kind-Paaren variieren zwischen den Bundesländern, was zu erheblichen Unterschieden in der Behandlung führt.

 

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Informationsdienst Straffälligenhilfe (Heft 1/ 2022):

Schwerpunkt: Kinder inhaftierter Eltern

 

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Informationsdienst Straffälligenhilfe (Heft 3/ 2012)

Schwerpunkt: Verurteilte Eltern – bestrafte Kinder?

 

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Stellungnahme BAG-S (2012)

Family Mainstreaming: Wir dürfen nicht die Kinder strafen

 

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